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Rheingold - Rheingold | |||||
Dem Düsseldorfer
Projekt Rheingold, bestehend aus Bodo
Staiger (voc, g, b, key), Brigitte Kunz (key, voc) und Lothar Manteuffel
(key), war es als erster reinrassiger NDW-Band vergönnt, eine Single
in den deutschen Top 75 zu plazieren. Wo sich zuvor nahezu ausschließlich
Herz-Schmerz-Barden und internationale Rock- und Popgrößen
getummelt hatten, brach Ende August 1981 eine kleine Revolution aus: Rheingolds
"Dreiklangsdimensionen" stießen vor in die schillernde
Welt der Rex Gildos, Roland Kaisers, Roy Blacks bzw. Peter Kents, Boney
Ms und Joe Dolces. Damit hatte die 1977/78 als Antwort auf die angloamerikanische
Punk- und New-Wave-Bewegung entstandene Neue Deutsche Welle den bedeutsamen
Schritt vom avantgardistischen, radikal antikommerziellen Spezialistentip
für Experten, Freaks und Punks zu einem massentauglichen Verkaufsschlager
für die taschengeldstarken Popkids unseres Landes getan. Das Düsseldorfer
New-Wave-Trio öffnete auf diese Weise die Türen für Joachim
Witt, Ideal, die Spider Murphy Gang, Falco und andere Exponenten des bahnbrechenden
neuen Stils, der 1982/83 die einheimische Musikszene fast vollständig
vereinnahmen sollte. Rheingold-Gründungsvater
Bodo Staiger spielte bereits "mit 18" in derselben Düsseldorfer
Schülercombo wie der spätere Deutschrock-Star Marius Müller-Westernhagen,
bevor er kurzzeitig mit der Band "Sinus" im Jazzrock-Metier
verweilte und daran anschließend als Gitarrist der seinerzeit auch
überregional bekannten "Lilac Angels" klassischen Rock'n'Roll
fabrizierte und sogar eine LP einspielte. Doch schweißtreibender
Rock a'la Chuck Berry oder Rolling Stones lag dem introvertierten Profimusiker
überhaupt nicht. Zwar faszinierten ihn, in seiner Funktion als Gitarrenartist,
die neuen Spieltechniken chicer New-Wave-Pioniere wie Talking Heads oder
B 52's, aber sein Herz hing viel mehr an bundesdeutschen Experimentalmusikern
der Sorte Wolfgang Riechmann, Kraftwerk oder La Düsseldorf. So besorgte
er sich alle möglichen Synthesizer und Rhythmusmaschinen und hob
so sein Projekt Rheingold aus der Taufe, für das er sich den Namen
des legendären TEE-Expreß entlieh, der auf seiner Fahrt von
Basel nach Amsterdam stets auch in Staigers Heimatstadt Düsseldorf
Station machte. Da sich der Rheingold-Chef in erster Linie als Instrumentalist
und Komponist sah, wurde mit Lothar Manteuffel ein versierter Texter verpflichtet;
zu den beiden stieß Brigitte Kunz als Verstärkung am Synthesizer.
Zwecks Realisierung einer ersten eigenen LP, unterschrieb man einen Vertrag
beim eigens zur Vermarktung außergewöhnlicher deutscher Popklänge
gegründeten "Welt-Rekord"-Label des Kölner Plattenriesen
EMI, bei dem zwischen 1980 und 1982 zwei (von insgesamt drei) LPs der
Düsseldorfer Neo-Popper erscheinen sollten. Diese beiden - das schlicht
"Rheingold" betitelte Debüt, erstmals veröffentlicht
im Sommer 1980, sowie das als Filmmusik konzipierte Folgewerk "R.",
das kurz vor Jahresende 1981 auf den Markt kam - liegen nun in "digital
remasterter" Form, garniert mit einer Vielzahl lange vergriffener
Bonustracks, als CD-Wiederveröffentlichung vor (EMI/Capitol). Der Erstling von Staiger,
Manteuffel und Kunz enthält acht Klangwerke, davon fast die Hälfte
rein instrumental, sowie je ein - ebenfalls gesangsloses - Intro bzw.
Outro. Die Grundlage aller Songs bieten Staigers so sanfte wie führende
Gitarrenklänge, in bester New-Wave-Manier geschrammelt, zu per Computer
programmierten Schlagzeug-Sounds, über denen die zwei anderen Bandmitglieder
mit diversen Keyboard- und Synthispielereien, weitestgehend auf sehr hohem
Niveau, experimentieren und ihrer Kreativität freien Lauf lassen.
Großstädtisch, weltmännisch, stets elegant und zurückhaltend,
dabei aber zugleich überaus romantisch, gefühlvoll und alles
andere als technokratisch-steril, perlen instrumentale Minidramen wie
"Himmelsgeist", "Pirata" oder das in positivstem Sinne
des Wortes poppige, ja sogar beinahe schlagerhafte "Rheingold Extra",
vielen Radiohörern als häufig genutzte Pausen- bzw. Schlußmusik
ihrer Lieblingssendungen bekannt, aus den Boxen - unaufgeregt und trotzdem
mehr als nur spannend, vielseitig und Neugier erweckend. Neben der fast
sechsminütigen Maxiversion der bis heute legendären "Dreiklangsdimensionen",
die erst rund ein Jahr nach Erstveröffentlichung kommerziell den
Durchbruch schaffte, sorgte auch die eiligst nachgeschobene Single "Fluß"
- stilistisch ähnlich aufgebaut wie der Überhit - für einiges
Aufsehen in Diskotheken, Clubs, Radiostationen und Hitparaden. Weitere
gesungene Songs wie das minimalistische, im Tempo sehr gezügelte
"Rendezvous", bei dem Brigitte Kunz am Mikrophon glänzen
durfte, oder die grandiosen Deutschpop-Hämmer "Graffitis"
bzw. "International" runden Rheingolds vorzügliches Debüt
ab, das im Zuge des unerwarteten Erfolges von "Dreiklangsdimensionen"
(höchster Rang: 17) im Herbst 1981 sogleich in die hiesigen Top-20
der LP-Charts einziehen konnte. Englische Versionen der genannten Singlehits
- "River" und "Triad Dimensions" - sowie die allererste,
bisher auf keinem Album bedachte (natürlich instrumentale) Bandsingle
"Rheingold" oder die kürzere 45er-Version von "Dreiklangsdimensionen"
zählen zu den Bonustracks, die die CD-Neuauflage von "Rheingold"
dem potentiellen Käufer nur noch schmackhafter machen, als sie es
ohnehin schon ist (Gesamtnote: 1). |
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Rheingold - R. | |||||
Da die Band mit dem späten Durchbruch ihres LP-Debüts nicht gerechnet hatte, arbeitete sie bereits während die hoffnungslosen End-70er-Teens zu "Dreiklangsdimensionen" tanzten, fleißig am Folgewerk. "R." stellte den Soundtrack des umstrittenen Kinospektakels "Der Fan" dar, das aufgrund von Nacktszenen der blutjungen, kaum volljährigen TV-Moderatorin Desiree Nosbusch, die als Gegenpart zu Staiger die weibliche Hauptrolle spielte, und verschiedener brutaler Sequenzen inkl. Kannibalismus-Symbolik für heftige Diskussionen in den Medien sorgte. Schon Monate bevor der Streifen im Frühsommer 1982 in die Kinos kam (und dort gehörig floppte), geriet das Soundtrack-Album zu einem weiteren großen Erfolg für Bodo Staiger und die Seinen. Der Gitarre hatte die Truppe inzwischen fast vollständig entsagt. Synthesizer, Keyboardkaskaden und Computerrhythmen bestimmen die nur sieben Songs, von denen allein die knallharte Synthi-Symphonie "Stahlherz" über elf Minuten dauert. Die Presse nahm "R." mit gemischten Gefühlen auf, vermutete hinter manchen Kompositionen reine Plagiate von Synthipionieren wie D.A.F. oder Kraftwerk bzw. unterstellte der Band, nur noch unter kommerziellem Blickwinkel ihre Songs zu schreiben. Die Fans störte dies wenig. Kaum waren "Dreiklangsdimensionen" und "Fluß" vom Vorgängeralbum aus den Hitparaden verschwunden, schon erwies sich "Fan Fan Fanatisch", das tatsächlich arg an das genialische Duo Delgado/Görl erinnerte, als nächster Hitparadenstürmer, der es Anfang 1982 um ein Haar in die hiesigen Top 20 schaffte. Insgesamt ist "R."
weitaus poppiger geraten und weniger am Krautrock der 70er orientiert,
als das Debüt. Dies bedeutet aber nur selten einen Qualitätsabfall.
So ist die im Juni 1982 nachgeschobene Auskoppelung "Das steht Dir
gut" nichts anderes, als ein konsequent perfekter Ohrwurm, der sicherlich
einen der melodiösesten und eingängigsten Beiträge der
inzwischen zunehmend kommerzieller ausgerichteten 82er-NDW darstellte.
Auch nicht zu verachten: die düster-nächtliche Ballade "Augenblick",
die besonders durch Staigers coolen Gesang an Charme gewinnt. Die einstige
B-Seite der LP (ins CD-Zeitalter übersetzt: die Tracks 5 bis 7 vorliegender
Silberscheibe) ist dagegen rein instrumental gehalten, klingt nur in den
seltensten Momenten nach billigen TV-Krimi-Scores eines Frank Duval ("Überblendung"),
sondern erfüllt zumeist mehr als deutlich internationale Standards
der Filmmusikkomposition ("Abfahrt", "Stahlherz").
(Holger Stürenburg) |
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Rheingold - Electric City/Düsseldorfer Schule | |||||
Lange Jahre war es ruhig um die Düsseldorfer Elektronik-Pioniere Rheingold. Nach der dritten LP "Distanz" 1984 dauerte es 6 Jahre bis ein neues Lebenszeichen mit einem Remix des Klassikers "Dreiklangsdimensionen" erschien. Ein weiterer Remix erschien Anfang des neuen Jahrtausends. Da sich Rheingold niemals offiziell aufgelöst hatte, machte immer wieder das Gerücht eines neuen Albums die Runde. Nun, 27 Jahre nach dem Erstlingswerk "Rheingold" aus 1980, erscheint tatsächlich ein neues Konzeptalbum "Electric City / Düsseldorfer Schule" an denen die komplette Urbesetzung (Bodo und Brigitte Staiger sowie Lothar Manteuffel) beteiligt ist. Das Album ist eine bunte Mischung von Coverversionen bekannter Düsseldorfer Elektronik-Ikonen und Pop-Helden, die allesamt im typischen aber aktuellen futuristischen Rheingold-Sound eingespielt sind. Dazu gibt es einen neuen Titel aus Staigers Feder, der als Vorboote für ein kommendes Album enthalten ist. "Alte Schule" lässt die Herzen der Rheingold-Fans höher schlagen, denn hier schliesst Rheingold direkt an die 84er LP "Dis-tanz" an. Auf dem Cover-Album finden wir neue Versionen der bekanntesten Titel von La Düsseldorf, Kraftwerk, den Fehlfarben sowie Michael Rother und Propaganda. Auch eine 2007er Version des Rheingold-Hits "Dreiklangsdimensionen" ist enthalten. Wer Spaß an elektronischen Klangwelten ála Kraftwerk hat, liegt hier genau richtig. "Es geht voran" mal im Rheingold-Sound, das hat was. Im Vorwort der CD erläutert Lothar Manteuffel die sogenannte "Düsseldorfer Schule", welche die gesamte musikalische Entwicklung und Aufbruchstimmung der heimatlichen Künstler der 70er und 80er Jahre, die schließlich bis heute nachwirken, umschreibt. (Michael) Für
diese Verbeugung an die Düsseldorfer Musikszene vergeben wir
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Rheingold - Im Lauf der Zeit | |||||
Da ist es endlich, das neue Album der Düsseldorfer Kultgruppe RHEINGOLD. Seit langer Zeit hielt sich das "Gerücht", Bodo Staiger arbeitet an einem neuen Studio-Album. Wir wissen nicht, wie oft wir ihn nach dem Stand der Dinge angefragt haben ;-) Nun ist
es endlich erschienen! Eine kleine Änderung gab es in der Bandbesetzung: Lothar Manfeuffel ist nicht mehr dabei, somit verbleiben "nur" noch Bodo Staiger (alle Instrumente und Gesang) mit seiner Ehefrau Brigitte (Gesang). Um es kurz zu machen: das Album ist der Hammer! Wer die Band aus den 80ern liebt, wird begeistert sein. Wenn man die diversen Remixe, das Best Of und die Tribut-CD Electric City mal weglässt, ist diese Erscheinung nach 33 Jahren Pause Album Nummer 4. (Und "R." war ja auch eher ein Film-Soundtrack als ein Album.) Insgesamt 10 Titel, davon 4 Instrumental-Stücke, sind auf dieser CD enthalten. Für die Texte zeichnen sich u.a. Karl Bartos (Ex-Kraftwerk) und Uli Luciano (Ex-Dreizack) verantwortlich. Wir haben uns nach der langen RHEINGOLD-Pause ersteinmal nur das neue Album durchgehört. Herausgekommen ist ein stimmiges Gesamtwerk, zwar nicht mehr so knallig und frech wie die 80er Hits Fan, Fan, Fanatisch oder "Das steht Dir gut", dafür hochmelodiös. Im Lauf der Zeit schliesst wirklich nahtlos und das nach drei Jahrzehnten (!) - an die genialen Titel wie Dreiklangsdimensionen oder Fluß an. Der typische RHEINGOLD-Sound mit elektronischer Klangteppich und Gitarrenspiel ist und bleibt einfach unverkennbar. Nun, auf
der Nostalgiewelle, gleich erst einmal die alten Alben entstaubt und nach
langer Zeit wieder gehört. Man ist nach dem Hören jedenfalls überrascht, wie bleibend dieser Sound ist; er hat einfach kein Verfallsdatum. Das ist zeitlose Musik! Anspieltipps sind Im Lauf der Zeit, Sehnsucht und Theme`84. Für uns das Comeback-Album des Jahres! (Michael) |
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