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Zeltinger spielte mit
Peter Gramen früher bei Circle Line. 1979 schloß er sich dann mit o.g.
Bandmitgliedern zur "ruhmreichen" Zeltinger Band zusammen. Mit dieser
Formation wurde Zeltinger weit über die Grenzen von Köln bekannt. Einer
der wenigen Musiker, die noch heute im Geschäft sind!
Ende 1979 sorgte Jürgen Zeltinger alias De Plaat (= der Glatzkopf) mit
seiner Band und seinem Debüt-Live-Album "De Plaat im Roxy und Bunker"
für Furore auf der deutschen Szene. Zeltinger (25.5.1949) machte seine
ersten musikalischen Erfahrungen mit 13 im Schulorchester und entdeckte
15jährig die Rockmusik: "Radio oder Plattenspieler liefen immer auf voller
Pulle. Dazu schrubbte ich auf meiner verstimmten Gitarre oder sang mit.
Meine erste, eigene Band hatte ich mit 18. Die hieß Circleline." Der folgte
Stonehenge und beinahe ein erster Plattenvertrag, der bereits unterschrieben
war, aber von Zeltinger zerrissen wurde, als man entdeckte, daß der Vertragspartner
die Band übers Ohr hauen wollte. "Dann kam die leidige Rauschgiftaffäre.
Handel mit Haschisch, Steuerhinterziehung, und ich landete im Knast. Als
ich nach eineinhalb Jahren raus kam, war die Band kaputt. Da war für mich
klar: nie wieder ins Kittchen" (Zeltinger).
Zeltinger blieb sauber. Das Kapitel, das dem Kölner Original bundesweit
zum Durchbruch verhelfen sollte, begann an Weiberfastnacht 1979 in seiner
Heimatstadt. Im "Roxy", einem Lokal in Köln, hatte die Zeltinger Band
mit Zeltinger (Gesang), Ralf Roxon (Gitarre, Gesang), Peter Gramen (Gitarre,
Gesang), "Sugar" (Bass) und dem ehemaligen Can-Schlagzeuger Liebezeit
ihren ersten Auftritt, dokumentiert auf der einen Seite der späteren Langspielplatte.
19 weitere Konzerte folgten in den verbleibenden acht Karnevalstagen.
Zeltinger war urplötzlich im Gespräch.
Conny Plank produzierte im August 1979 (inzwischen war Cay Wolf als fester
Drummer im Zeltinger-line up) auch den zweiten Teil des Live-Albums im
"Bunker". Neben eigenen Titeln waren auf der LP Sascha Distels "So wie
ein Tiger", das Volkslied "Mein Vater war ein Wandersmann" und eingedeutschte
Versionen mit Lou Reed- ("Stüverhoff") und Ramones- ("Müngersdorfer Stadion")
Stücken zu hören. Die Plattenfirma Ariola machte das Rennen um die Gunst
des Kölner Insidertips. Und die Presse stürzte sich Anfang 1980 auf das
Thema Zeltinger, der das Etikett "Asi mit Niveau" verpaßt bekam. Zeltinger
dazu: "Unsere Musik bezeichne ich als Volksmusik, als Musik fürs Volk.
Sie ist aggressiv und deshalb lasse ich auch den Begriff 'Asi-Rock', Asozialen-Rock
also, gelten." Der MUSIK EXPRESS fand Zeltinger "geschmacklos, aber amüsant,
ordinär und beknackt; ein lausiger Reimer, ein hundsmiserabler Sänger,
aber amüsant. In kölschem Platt haut er seine Dinger genau ins Schwarze".
Im Frühjahr ging Zeltingers Club-erprobte Band auf eine gemeinsame Deutschlandtournee
mit den Boomtown Rats und trat in der ZDF-Sendung "Rockpop" an. In Alfred
Bioleks Talkshow "Kölner Treff" sang Zeltinger im Duett mit Paul Breitner.
Zwischen September und Dezember 1980 gingen Zeltinger, Ralph Engelbrecht
(alias Roxon), Gramen, Wolf und Norbert Zucker (alias Sugar) ins Studio,
um unter der Regie von Conny Plank mit "Schleimig" ihre erste Studio-LP
einzuspielen. "Geniale Banalität und infantile Geschmacklosigkeiten" entdeckte
der MUSIK EXPRESS beim "spontanen Witz des Asi mit Nivoh". Der SPIEGEL
stellte fest, "Zeltinger singt Rock'n'Roll mit inbrünstiger Hingabe, und
dessen Tugenden - Ehrlichkeit, Tempo, Rebellion und Expressivität - versammelt
die Zeltinger Band in mitreißender Manier."
Nach Beendigung der "Schleimig"-Produktion kam für Peter Gramen eine Kölner
Institution zur Zeltinger Band. Alex Parche, der überregional mit der
Formation Dick & Alex (LP: "Realität") 1978 bekannt wurde. Plank holte
ihn zu Zeltinger. Jene, die der Studioplatte weniger abgewinnen konnten
als dem atmosphärischen Live-Debüt, wurden mit einer weiteren BRD-Tournee
später im Jahr versöhnt. Im Sommer '81 trennte sich Alex bereits wieder
von der Zeltinger Band, um mit Jutta Weinhold das faschistoide Unternehmen
Breslau ins Leben zu rufen, eine der schlimmsten Plattenproduktionen der
deutschen Rockgeschichte.
Mit den beiden ehemaligen Nervous Germans-Musikern Edgar de Gaulle (Schlagzeug)
und Mani Hollaender (bürgerlich: Manfred Herten, Schroeder Roadshow, Ina
Deter) an der Gitarre umgab sich "Der Chef" mit neuem Personal. Anläßlich
einer Präsentation der Kölner Szene im Dezember 1981 (im gleichen Monat
wurde auch die LP eingespielt) im Kölner Schauspielhaus war Zeltinger,
neben den anderen Lokalmatadoren BAP zu sehen. "Einige verließen den Saal.
Sie fanden die Musik zu laut, die Texte vulgär und die Show einfach peinlich",
schrieb der KÖLNER STADTANZEIGER. Die RUNDSCHAU dagegen erkannte, daß
der "neue Gitarrist Manfred Herten mit Roxon ein unschlagbares Team bildet,
von Ermüdungserscheinung ist bei der ungezügelten Energie der Zeltinger
Band nichts zu spüren. "Zeltinger wurde längst kontrovers diskutiert,
zum Beifall mischten sich Pfiffe. AUDIO schrieb im April 1982 über "Der
Chef": "Der dicke Mann aus Köln mit der Halbglatze, der so sorglos sein
Image des aggressiven Homosexuellen pflegt, hat über die Selbststilisierung
wohl vergessen, warum seine erste Platte so populär wurde. Sein drittes
Machwerk hat nichts mehr von den ungeschliffenen Gitarrenriffs und den
unbeholfenen, selbstironischen Kölner Reimen. Statt dessen bietet der
Chef einen unverdaulichen Brei aus Heavy Metal-Elementen, garniert mit
allerlei modischen Reizworten. Den schwergewichtigen Zeltinger-Charme
hat das leider nicht mehr."
Im Spätherbst '82 ging die Zeltinger Band ins Studio, um eine weitere
Single einzuspielen. "Zeltinger wird Präsident" sollte rechtzeitig zur
Bundestagswahl am 6. März 1983 veröffentlicht werden. "Doch das hat dann
einer verpennt", schimpfte Zeltinger, "die Platte mit der ganzen Werbeaktion
war erst nach dem Termin fertig und damit der Effekt verschossen." Kein
Wunder, daß es kaum Resonanz auf die Single gab.
Mehr Reaktionen gab es auf die gemeinsame Single mit Lilli Berlin, die
im Frühjahr '83 veröffentlicht und u. a. in "Bananas" vorgestellt wurde.
Zeltinger und Lilli Berlin (letztere mit Veröffentlichung ihres Albums
"Süss und erbarmungslos" 1982 als Mischung zwischen Punkette und Pipi
Langstrumpf apostrophiert) sangen im Duett den Bing Crosby/Grace Kelly-Klassiker
"True Love" als einmalige Zusammenarbeit. "Ein Witzchen", so Zeltinger
später. Im Juli '83 fanden auch die Sessions für das Ende '83 veröffentlichte
Kingsize Dick-Album "Rusjesök" ihren Abschluß. Zeltinger spielte Percussion
und sang Chor auf den eigenwilligen, eingekölschten Standards ("Israelites",
"You Really Got Me", "Gimme Some Lovin'") seines Kollegen Kingsize Dick.
Mit seiner Band (inzwischen ohne Manni Hollaender, der zur Ina Deter Band
wechselte) spielte Zeltinger weiterhin Konzerte, wenn auch sporadisch
und nicht in zusammenhängenden Tourneen. Anfang 1984 erschien bei seinem
neuen Vertragspartner RCA die Single "Urlaub in Honk Kong". Mit Zucker,
Engelbrecht und de Gaulle war Zeltinger zu diesem Zeitpunkt auf der Suche
nach einem fünften Mann, "aber kein zweiter Gitarrist, sondern ein Pianist"
(Zeltinger).
(aus Rock in Deutschland, mit freundlicher
Genehmigung von Taurus Press)
DISKOGRAFIE:
LPs/CDs:
Die Plaat live im Roxy/Bunker, 1979
Schleimig, 1981
Der Chef, 1982
Schon wieder (Live), 1987
Weder Mensch noch Tier, 1988
Ich bin ein Sünder, 1990
Solo Plaat, 1992
Das Beste aus 15 Jahren, 1993
Scheiße, 1994
Faktor Z, 1996
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