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Die ersten beiden LPs
Geri Reig und Normalette Surprise zählen heute zu den
konstituierenden Werken der Neuen Deutschen Welle.
Was später in - nichtsdestotrotz berechtigtem - seichtem Schlagerpop
endete, begann als Aufstand gegen die gegenüber gedanklichen Entwicklungen
der späten 70er Jahre taub gewordene internationale Popmusik. Mit
einfachsten Produktionsmitteln und selbstaufgebauten Vertriebsstrukturen
wurde die Gigantomanie einer übermächtigen Musikindustrie ausgekontert,
die ihre Bands mit gebirgshohen Verstärkertürmen gegen das Publikum
losschickte. Die Verwendung der eigenen Sprache hatte sich durch die ersten
deutschen Punkgruppen bestens bewährt und schaffte ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl.
Der Plan fügte dieser Idee den Versuch hinzu, auch musikalisch
eigenständig zu sein, mit Hilfe der Elektronik, die durch Kraftwerk
und andere zu diner deutschen Domäne geworden war. Elemente der Rockmusik,
wie die Gitarre und das Schlagzeug, waren in der Anfangsphase des PLANs
verpönt und wurden durch Synthesizerklänge ersetzt. Sehr hilfreich
war den drei Düsseldorfern Kurt Dahlke, Frank Fenstermacher und Moritz
R. hierbei ihr Dillettantismus, der sie davor bewahrte, Rock-Klischees
anzuwenden, die sie einfach nicht beherrschten. Stattdessen entwickelten
sie aus den Erinnerungen an die Liederwelt ihrer Kindheit musikalische
Kleinode, wie man sie in der Popmusik noch nicht gehört hatte.
Auch wenn die unbefangene Ursprünglichkeit in die späteren Platten
des PLANs nicht hinübergerettet werden konnte, so erscheinen
sie auf diesen beiden ersten LPs noch in ihrer ganzen Reinheit, Klarheit
und Ungeschliffenheit, mit allen Klippen, die sich bei solch einer unzensierten
Arbeitsweise beispielsweise bei den Texten auftun. Nehmen wir diese historischen
Dokumente als das, was sie sind: Als höchst unbeeinflusste Produkte
einer Zeit, die auf der einen Seite noch strikte Regeln kannte, auf der
anderen Seite aber ein Potential an Widerspruchsgeist hervorgebracht hat,
wie es heutzutage kaum noch anzutreffen ist.
Die Aufnahmen für Geri Reig und Normalette Surprise entstanden
"zuhause im Wohnzimmer". Kurt Dahlke alias Pyrolator
hate sein Auto verkauft, um sich den ersten Synthesizer zu einem volksnahen
Preis zuzulegen, den legendären Korg MS 20. Dieses Gerät findet
man auch heute noch im Hinterzimmer vieler Musikstudios, und es wird gerne
hervorgeholt, wenn man mal schnell einen interessanten Sound braucht,
um einer Aufnahme den letzten Kick zu geben.
Moritz R. hatte zu etwa der gleichen Zeit ebenfalls sein Auto verkauft,
um sich seinen Traum von einer Reise nach Amerika zu erfüllen. Diese
Reise brachte die entscheidenen künstlerischen Impulse für die
erste PLAN-LP. Der Titel "Geri Reig" leitet sich
von einem amerikanischen Ausdruck ab, der den Vorgang spontanter Improvisation
mit geringstem technischen Aufwand, etwa zu Reparaturarbeiten, aber auch
im übertragenen Sinne kü:nstlerisch-schöpferische Tätigkeit
beschreibt. Auch der erste Besuch in Disneyland konnte den Reisenden nur
dazu ermutigen, nach der Rückkehr in die Heimat mit dem PLAN
eine eigene kleine Welt aufzubauen, ein Mini-Universum, einen Ort der
machbaren Utopie ohne Machtanspruch.
Bis zu seiner Auflösung im Jahre 1992 hat Der Plan gut ein
Dutzend Schallplatten veröffentlicht und etwa zwei Dutzend Fans in
Kanada hervorgebracht. Der Erfolg war jedoch nie so klein wie erhofft,
aber auch nie so groß wie befürchtet. Er war eben gerade so,
wie man ihn erwarten durfte in unserer Welt, in unserer Zeit, genau so
wie sie nun einmal ist, unsere kleine Welt, in der aus Affen Menschen
werden dadurch, dass sie gebügelte Hemden tragen und in der aus Kindern
Generäle werden mit großem lauten Spielzeug.
Die immer noch gerne Erdbeereis essen.
(aus der CD-Wiederveröffentlichung "Geri Reig + Normalette Surprise",
mit freundlicher Genehmigung von Moritz R.)
DISKOGRAFIE
Singles:
Das Fleisch, 1979 (Atatak)
Da vorne steht ne Ampel, 1980 (Telefunken)
Gummitwist, 1983 (WEA)
Golden CHeapos, 1984 (Atatak)
LPs:
Geri Reig, 1980
(Atatak)
Normalette Surprise,
1981 (Atatak)
Die Letzte Rache, 1983 (Atatak)
CDs:
Geri Reig / Normalette Surprise, 1997 (erhältlioh bei Atatak)
PYROLATOR Solo LPs:
Inland, 1980 (Atatak)
Ausland, 1981 (Atatak)
Wunderland, 1984 (Atatak)
Moritz R. hat auch eine eigene Homepage
mit eigener virtueller Kunstausstellung!
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