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   Autor  Thema: politische Hintergründe + Plattenfirmen  (Gelesen 3112 mal)
Bartron
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politische Hintergründe + Plattenfirmen
« am: 09/26/04 um 13:05:34 »
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Hallo,
Ich konnte jetzt hier im Forum schon merken, das hier sehr viele, sehr viel über die NDW-Zeit wissen. Da ich da noch nicht geboren war, ist es sehr schwer, alles für mich nachzuvollziehen oder Fragen zu klären. Ich hoffe ihr könnt mir helfen, und zwar möchte ich gern wissen, ob NDW-Bands, also auch die eher unbekannten der Anfangszeit, politische Antriebskräfte hatten, oder ob das eher keine Rolle spielte. Wenn ja, würde ich mich auch über einige Liedbeispiele freuen.
Als zweites, suche ich noch Lieder die sich gegen Plattenfirmen richten, also so wie EMI von den Sex Pistols, nur halt so, das man sie der NDW zuordnen kann.
Ihr würdet mir sehr helfen! Danke im Voraus.
MfG Bartron
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DasSCHWEIN
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #1 am: 09/26/04 um 16:43:38 »
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Hallo Bartron,
 
zwei interessante Themen!  
Ich hoffe, ich kann auch ein paar interessante Gedanken dazu beisteuern.
 
zu 1), NDW und Politik:
 
Ich denke, was Politik betrifft, war die NDW genau so heterogen, also genau so vielfältig, genau so bunt gemischt, genau so ein chaotischer Haufen, wie sie das auch musikalisch war: da gab es zunächst neben der extrem anarchistisch geprägten Richtung des Deutschpunks (z.B. Slime, "Bullenschweine" ["...haut die Bullen platt wie Stullen..."]) viele linksgerichtete oder in der grün-alternativen Szene beheimatete Bands (mir fällt v.a. BAP ein, die ja bis heute einen sehr "politisch" motivierten Dialektrock machen, und deren Auftrittsverbot in Ostberlin Mitte der 80er Jahre sich wohl dadurch erklären ließ, daß BAP sich nicht von der Stasi die Auswahl ihrer Stücke vorschreiben lassen wollten). Viele Songs der NDW könnte man als "gesellschaftskritisch" bezeichnen, wobei dies nicht unbedingt heißt, daß es sich damit automatisch auch um eigentlich "politische" Songs handelte (wie z.B. bei Joachim Witt mit dem "Goldenen Reiter", oder Fehlfarben mit "Es geht voran", oder Die Krupps mit "Wahre Arbeit, wahrer Lohn").  
Daneben gab es aber auch Bands, die sich als eher konservativ bezeichneten (die Münchner Freiheit z.B. spielte mehrfach bei Treffen der Jungen Union auf, und das galt, glaube ich, auch für Hubert Kah), und dann gab es noch einige Bands innerhalb der NDW, die mit extrem rechtslastigen Songtexten entweder wohl nur provozieren wollten (wie DAF mit "Der Mussolini" oder "Kebab Träume", oder wie Arno Steffen mit "Säubert das Reich"), oder die wohl (trotz entsprechender Dementis) selbst tatsächlich schon zur Neonazi-Szene zu zählen waren, wie v.a. wohl "Breslau". Die "Böhzen Onkälz" (die es schon damals gab und die später die wohl bekannteste "rechte" Band Deutschlands wurden) zählten wenigstens sich selbst nie zur NDW dazu. (Sie hatten damals sogar irgendeinen "Anti-NDW-Song" aufgenommen, in dem sie die NDW als kommerzielle Volksveräppelung meinten verspotten zu dürfen). "Ein deutsches Lied" von der Band "Nichts" ist ein Song, in dem Sängerin Andrea Nothes ihren Protest darüber ausdrückt, sich (angeblich) rund um die Uhr für ihr Land und für ihr Volk schämen zu müssen; als "politischen" (und schon gar nicht als "rechten" Song) würde ich dieses Lied aber nicht unbedingt bezeichnen.  
 
Die NDW war also, was Politik anbelangt, sehr, sehr durchmischt, von ultra-links über rot-grün und CSU bis ultra-rechts; die große Mehrheit der NDW-Songs und -Bands - so würde ich es zumindest behaupten - war aber eher sehr unpolitisch, d.h., ihre Themen waren Liebe, Lust, Gott und die Welt, aber nicht unbedingt nur Politik. Ich glaube sogar, daß gerade die besten Songs der NDW nicht das geringste mit Politik zu tun hatten; es waren dies Songs, die sich von der oft sehr "bemühten" politisch engagierten Rockmusik durch ganz andere, tiefere, "philosophischere" Themen und auch eine entsprechend völlig andere Musik absetzen wollten, bewußt absetzen wollten; aber ich gebe zu, daß das wohl eher nur meine Privatmeinung ist, über die man noch stundenlang streiten könnte, wenn man wollte.
 
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #2 am: 09/26/04 um 16:44:04 »
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2) NDW und Platenfirmen:
 
Es ist eigenartig, aber wenn man bedenkt, wie die Plattenindustrie 1983/84 die NDW für "überholt" erklärte und sie gezielt liquidiert hatte, dann fällt auf, wie wenig einzelne Künstler der NDW seinerzeit "zurückgeschlagen" hatten. Ich erinnere mich, was das betrifft, jetzt auf Anhieb nur an die Mitarbeit der Gruppe "Rheingold" in dem Film "Der Fan", einer sehr bitteren und zynischen Abrechnung mit der Musikindustrie insgesamt, und an ein paar sehr böse Interviews, die v.a. "Spliff" oder ihr Produzent Jim Rakete über die damalige Kommerzialisierung der NDW vom Stapel gelassen hatten (nachzulesen z.B. in Döpfner & Garms, "Neue deutsche Welle, Kunst oder Mode?", Frankfurt/Main 1984). Ansonsten fällt mir nur eine harmlose Zeile aus einem Song von "Ideal" ein, aus "Schöne Frau mit Geld", in dem der Sänger (Hans Behrendt) mehrere Dinge aufzählt, auf die er definitiv überhaupt keine Lust hat, weil sie ihm zu langweilig, zu doof oder zu lächerlich sind:
 
"Zum Theater wollt' ich nie,
Film ist mir egal;
auch Star der Plattenindustrie
ist nur zweite Wahl..."
 
Aber diese wenigen Zeilen, aus denen eine Distanzierung zur Plattenindustrie, sagen wir mal, immerhin schon recht deutlich herauszuhören ist, ist eigentlich noch sehr, sehr wenig, verglichen mit dem, wie die Plattenindustrie vielen Künstlern der NDW regelrecht vorschrieb, wie und was diese gefälligst zu singen hätten (Axel Klopprogge, der Pruduzent von "Markus", erklärte in einem Interview ganz ernsthaft, daß das doch auch ganz natürlich sei, weil die doofen Künstler doch schließlich überhaupt keine Ahnung vom Plattenmarkt hätten...), und verglichen mit der späteren Liquidierung der NDW durch die Musikindustrie.  
Was die Musikindustrie damals vielleicht mal gebraucht hätte, das wäre ein ziemlich mächtiger "Tritt in den fetten Arsch" durch einige Künstler der NDW gewesen, der dann vielleicht auch ein paar Herrschaften in den Chefetagen von EMI, Virgin, Philipps (und wie sie alle heißen) ein bißchen nachdenklich hätte machen können, verdammt nochmal. Es mag vielleicht ein bißchen pathetisch klingen, aber ich meine es absolut ernst, wenn ich sage, daß die mutwillige, einzig und allein von der Musikindustrie ausgehende Liquidierung der NDW 1983/84 die, verdammt nochmal, katastrophalste "Selbstverstümmelung" der deutschen Unterhaltungskultur seit dem Dritten Reich war.  
 
Und es bringt mich heute noch in Wut und Rage, wenn ich mich an diese Katastrophe und an den knallharten Zynismus, mit dem sie damals einherging, zurück erinnere.  
 
Habe Dir hoffentlich ein paar interessante Gedanken beitragen können  
 
Grüße,
 
DasSCHWEIN
 
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #3 am: 09/26/04 um 17:48:13 »
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Ja, du konntest mir sehr helfen. Ich bin aber auch erstaunt, das ich sogar einiges davon schon verwendet hab. Du musst wissen, das ich mit 2 anderen Leuten einen Seminarfacharbeit zum Thema: "Neue Deutsche Welle - Kunst oder Modebewegung" schreibe. Und meine Aufgabe ist es im Moment die politischen Hintergründe zu erforschen.  
Also danke nochmal.
MfG Bartron
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #4 am: 09/26/04 um 18:09:46 »
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Gern geschehen, Barton!
 

 
Noch ein kleiner Tip: den Titel Eurer Seminararbeit würde ich vielleicht an Eurer Stelle nochmal überdenken - sonst ist am Ende (durch die Ähnlichkeit des Titels von dem Standardwerk von Döpfner & Garms) Euer Prof eventuell ein bißchen alarmierter, als er es besser sein sollte...
 
*schmunzel
 
Vielleicht geht ihr am besten "in medias res", indem ihr einen Titel wählt wie z.B. "Zu den politischen Hintergründen der Neuen Deutschen Welle", oder "NDW und Politik", oder sowas in der Richtung (ich erhebe hiermit ausdrücklich kein Urheberrecht auf diese Titel)...
 
 
 
Über eine Kopie Eurer Arbeit, sobald sie fertig ist, würde ich mich sehr freuen:
 
dirk-volker@web.de
 
Alles Gute dafür,
 
von Dirk Volker,
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #5 am: 09/26/04 um 18:18:38 »
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Also erstmal guckt die Arbeit kein Professor an, sondern Lehrer. Ich bin nämlich noch in der Schule. Zweitens ist der Titel fest und nicht mehr zu ändern, er geht aber noch weiter mit: "Eine Analyse der Ära Neue Deutsche Welle vom Ursprung bis zur Gegenwart".
Deine Titelvorschläge sind vielleicht nicht so passen, da der politische Hintergrund ja nicht im Vordergrund unserer Arbeit steht.
Die Email-Adresse hab ich mir vorgemerkt.  
MfG Bartron
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #6 am: 09/26/04 um 18:38:44 »
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Na, dann ist es natürlich was anderes!
 

 
Trotzdem, alles Gute für Eure Seminararbeit,
 
von Dirk Volker
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rzh
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #7 am: 09/26/04 um 18:42:25 »
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Zu Frage 2:
 
Hör Dir mal "Tante EMI" von Rotzkotz aus Hannover an  
LP:  "Farbenfroh und lebensfroh" 1981  
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Idaho
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #8 am: 09/27/04 um 19:02:45 »
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Hallo Bartron,
Das von rzh genannte Lied ist ein klares Statement von Rotzkotz an den Plattenkonzern EMI (ja, wieder EMI). Ich weiss auch nicht genau, was passiert ist, aber dem Gerücht nach hat EMI bzw. deren Unterlabel Welt-Rekord die neu beim Label angeheuerten Rotzkotz "überredet", statt wie auf ihrem Debut "Much funny" nicht mehr in Englisch, doch jetzt lieber auf Deutsch zu singen. Das muss so Ende 1980 gewesen sein, also gerade zu Beginn der kommerziellen NDW. Ein Schelm, wee Böses dabei denkt. Das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen EMI und Rotzkotz war genau eine Single. Danch ging die Band zum Indie-Label No Fun und veröffentlichte den Song Tante EMI.
 
Idaho
 
PS: Wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr uns Eure fertige Arbeit zuschicken, dann veröffentlichen wir sie hier auf der Seite
« Zuletzt bearbeitet: 09/27/04 um 19:06:54 von Idaho » gespeichert
Idaho
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #9 am: 09/27/04 um 19:15:08 »
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Tante EMI
Blättere doch lieber in Deinem Oetker-Kochbuch
als von der Fehl-Musik von gestern zu schwärmen
Sinnleere Sprüche, den Sound von gestern
die ewigen Versprechungen von Geld und von Werbung
Das Blinde-Kuh-Spiel ist nun endlich vorbei
wir sind kein Treibholz dieser Zufälligkeit
 
Seelenloser Computer-Mix
schlaflose Glühbirnen erblassen da starr
Heutzutage geht es auch anders
Du brauchst nicht diese müde EMI-Fassade
 
Fliegenfänger gibt es überall
Phantasielos aber berechnend kalt
 
WELT-REKORD: Ein Schritt voraus und drei zurück
EMI EMI EMI
 
Verschenke doch lieber Dein Label-Logbuch
als von der Inselmusik von gestern zu schwärmen
Fliegenfänger gibt es überall
Phantasielos aber berechnend kalt
 
WELT-REKORD: Ein Schritt voraus und drei zurück
GELDREKORD: Ein Schritt voraus und drei zurück
 
so allein - so allein  
es geht zurück...
 
Gebot 12: bleib Du selbst mach es selbst
 
Rotzkotz, 1981
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #10 am: 09/27/04 um 19:59:04 »
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Wie kann ich euch nur danken  
Aber ihr dürft keine zu hohen Erwartungen stellen, mal sehen was aus der Arbeit wird.  
Aber danke für die Hilfe, neue Fragen kommen bestimmt!
MfG Bartron
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #11 am: 10/10/04 um 16:12:18 »
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So die Arbeit an der Arbeit   geht weiter. Das Thema politische Hintergründe neigt sich dem Ende zu. Ich habe nun probiert noch einen passenden Liedtext kurz zu interpretieren. Dazu wollte ich auch ein etwas bekannteres Lied auswählen und habe mich nun an folgendes gehalten:
 
Geier Sturzflug - Besuchen Sie Europa (so lange es noch steht)  
 
Wenn im Canale Grande U-Boote vor Anker gehn,
und auf dem Petersplatz in Rom Raketenabschussrampen stehn,
überm Basar von Ankara ein Bombenteppich schwebt,
und aus den Hügeln des Olymps sich eine Pershing 2 erhebt.  
 
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.  
 
Vor dem alten Kölner Dom steigt ein Atompilz in die Luft,
und der Himmel ist erfüllt von Neutronenwaffelduft,
wenn in Paris der Eiffelturm zum letzten Gruß sich westwärts neigt,
und in der Nähe von Big Ben sich zartes Alpenglühen zeigt.  
 
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.  
 
Wenn aus der Haute Cuisine ein Hexenkessel wird
wo sich der Koch aus Übersee seine alte Welt flambiert,
da wird gelacht und applaudiert, denn selbst der Kellner kriegt 'n Tritt,
was bleibt uns außer der Kultur, wir wünschen guten Appetit.
 
Dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.  
Ja, dann ist alles längst zu spät,
dann ist, wenn schon nichts mehr geht,
besuchen Sie Europa,
solange es noch steht.
Solange es noch steht, solange es noch steht.
Solange es noch steht, solange es noch steht.  
...
 
Ich hab mich jetzt besonders um die Protestbewegung gegen Pershing 2 und Marschflugkörperstationierung gekümmert. Vielleicht hat jemand aber mal irgendwo ein Zitat der Band zum Lied oder so, das wäre hilfreich. Und da sind dann noch ein paar Verse, die mir nicht ganz klar sind, die habe ich mal markiert. Vielleicht kann sich jemand erklären, was diese Stellen zu bedeuten haben.  
Danke im Voraus, MfG Bartron!
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #12 am: 10/10/04 um 17:25:55 »
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Hi Bartron,
 
ich kann mich daran erinnern, daß "Geier Sturzflug" damals in Interviews mehrfach behauptet hatten, der Satz "Besuchen Sie Europa, solange es noch steht" stamme wortwörtlich aus einem amerikanischen Reiseprospekt - und daß die Band diesen makaberen Scherz doch eher nicht besonders witzig gefunden hätte. Nähere Quellen dafür, oder auch dafür, ob diese Geschichte mit dem Reiseprospekt tatsächlich stimmt (es könnte sich ja auch nur um einen billigen Antiamerikanismus handeln, wie er damals fast eine Art Modeerscheinung war) kann ich Dir aber leider nicht angeben.  
 
Die einzelnen Textpassagen:
 
Hmmm...
 
Ich würde sagen:
 
"Alpenglühen" - ein Wortspiel: die Berge "glühen" normalerweise nur im Abendrot [vgl. Heinos Heuler mit dem "Enzian": "Wenn beim Alpenglüh'n wir uns wiederseh'n..."]. Bald aber werden sie vielleicht auch wirklich glühen - nämlich durch eine Batterie von Kernwaffen-Explosionen...
 
"Neutronenwaffelduft" - natürlich wieder ein Wortspiel (Neutronenwaffen), aber für meinen Geschmack kein allzu geglücktes - über das ich mich damals schon geärgert hatte. Denn wo ist hier der Witz?
 
"selbst der Kellner kriegt 'nen Tritt"...  
Aaaalso... *grübel...  
der Kellner ist derjenige, der Europa "flambiert" - gemeint ist damit wohl der amerikanische Präsident, oder das US-Militär insgesamt, weniger auch der Staatschef in Moskau (denn dieser Song richtet sich ja erstmal an die amerikanische Adresse). Nun denkt der Kellner vielleicht, er könne sich das leisten, Europa zu flambieren und ihm damit ungestraft einen "Tritt" in den Allerwertesten zu verpassen; was er übersieht: dieser Tritt wird auf ihn zurückfallen (durch die Gegenschläge des Feindes, durch den "nuklearen Winter", der einem Atomkrieg mutmaßlich folgen könnte, usw.: der Atomkrieg hat keine Gewinner, sondern nur Verlierer). Das wurde vielleicht von vielen Leuten in den USA, die diesen Reiseprospekt witzig fanden, übersehen: nicht nur Europa, sondern auch Amerika ist nach dem Atomkrieg im Eimer. Genausogut hätte ein europäisches Reiseunternehmen also mit dem Spruch "Besuchen Sie die Staaten, solange die noch steh'n" Reklame machen können...
Die Angst vor einem Atomkrieg (1981/82, das war ja drei/vier Jahre vor dem Amtsantritt von Gorbatschow und dem Beginn der Perestroika, vor der atomaren Abrüstung usw.), die hat damals viele Menschen sehr bewegt und zog sich auch durch manche Songs der NDW... (Ich denke an Stahlnetz "Vor all den Jahren" oder an Ideals "Die zweite Sonne", und natürlich auch an die DDR-Band Karat [über deren Zugehörigkeit zur NDW man sich damals allerdings viel und oft gestritten hat] mit "Der blaue Planet").  
 
 
Hab' Dir hoffentlich ein paar brauchbare Tips geben können!
 
Grüße,
 
DasSCHWEIN
 
« Zuletzt bearbeitet: 10/12/04 um 11:17:04 von DasSCHWEIN » gespeichert

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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #13 am: 10/10/04 um 19:45:06 »
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Ja, danke das unterstreicht einiges, was ich mir auch schon gedacht hab.  
Aber der Kellner ist doch nur der, der es präsentiert, der Koch macht doch das Essen. Deswegen sehe ich eher im Koch die USA. Gab es vielleicht in Europa irgendwelche USA-Unterstützer, wie beim Irak-Krieg z.B. Polen? Denen würde ich die Kellnerrolle eher zuschreiben.
Und das mit dem Werbeplakat hab ich hier auf der Seite auch schon gelesen. Für mich klingt das Lied auch wie eine Werbemelodie, also vorstellen könnt ich es mir.
MfG Bartron
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Re: politische Hintergründe + Plattenfirmen
« Antworten #14 am: 10/11/04 um 03:22:47 »
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Hmmm... Stimmt!  
Der "Koch" sitzt in Übersee, heißt es ausdrücklich in dem Song... Aber wer ist dann der "Kellner" (der, der uns dieses leckere Menü gleichsam "überbringt")...?  
Und wieso kriegt (auch) der einen "Tritt"...?
 
*grübel...
 
"Überbracht", oder "serviert" wird uns dieses "Menü" nicht vom Herrn Präsidenten persönlich, sondern natürlich von anderen Leuten - und damit müssen wohl nicht unbedingt die kleinen GIs (die Angehörigen der US-Armee) gemeint sein, die dabei gewissermaßen nur die Drecksarbeit zu erledigen haben. Andere Leute sind genauso daran beteiligt (bzw. daran beteiligt gewesen), uns diese Suppe einzubrocken...  
 
Du schreibst, Du denkst an irgendwelche Unterstützer der US-Regierung in Westeuropa?  
 
Respekt - das könnte verflucht gut tatsächlich gemeint gewesen sein...!  
 
Damals wurde der Bundesregierung (erst unter Helmut Schmidt, erst später unter Helmut Kohl) sehr oft vorgeworfen, sie mache sich durch eine allzu unreflektierte Unterstützung der amerikanischen Aufrüstungspolitik an einem eventuellen Atomkrieg (im eigenen Lande) mitschuldig; es gab da etliche und z.Tl. sehr böse Streitereien (Stichworte: NATO-Doppelbeschluß, SDI, Pershing2-Stationierungen in Westdeutschland, usw. usw.), und im Zusammenhang mit diesen Streitereien gab es u.a. etliche Parteiaustritte bei der SPD, die Gründung einer kurzlebigen Splitterpartei links von der SPD, die erfolgreichere Gründung der GRÜNEN (deren politischer Hauptgegener damals - u.a. aus diesem Grund - vor allem Helmut Schmidt war, nicht die Union!)... Es gab in ganz Westeuropa riesige Proteste, ständige Demonstrationen, Sitzblockaden, usw. usw. Die Leute waren ganz schön aus dem Häuschen... (und nicht zu Unrecht, wie ich dazu ergänzen möchte. Wie ich schon sagte, die Angst saß verflucht tief).
 
Also sind vielleicht irgendwelche politischen Unterstützer der US-Politik in Europa, und ist womöglich unsere eigene Regierung (zum Teil?) mit dem "Kellner" gemeint gewesen, der uns diesen heißen Brei des "Kochs aus Übersee" gleichsam "beinahe serviert" hätte...?  
 
Tja... das könnte verflucht gut sein... Und wenn diese Passage auch sehr vieldeutig ist, denke ich, daß Du vermutlich ganz richtig liegst, mit Deiner Schlußfolgerung!
 

 
Damit grüßt nochmals,
 
DasSCHWEIN
 
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